Einmal Norwegen durchquert.

von 1200 Metern ins Tal

8/15/20254 min read

Am Montag verließen wir den Hardangerfjord, um zum Sognefjord zu gelangen. Auf dem Weg dahin nutzen wir mit 24,5 km Länge (kein Tippfehler) den längsten Straßentunnel der Welt. Etwas komisch war diese Fahrt schon, obwohl es in langen Tunneln in Norwegen immer wieder Lichthöfe mit besonderen wechselnden Lichtstimmungen gibt, waren wir froh, als wir das Tageslicht wiedersahen. Kurz darauf gelangten wir zum historisches Städtchen Lærdalsøyri, welches sich durch alte bunte Holzhäuser auszeichnete. Dort aßen wir eine Zimtschnecke, die gerade frisch aus dem Ofen kam und wanderten durch die Gassen. Außerhalb der Stadt übernachteten wir bei toller Lichtstimmung direkt am Sognefjord. Auch an diesem Stellplatz zeigte sich wieder eine Eigenschaft, der norwegischen Landschaft: Steile Felswände steigen fast senkrecht nach oben und an ihrem Fuß liegt dann der Fjord.

Am Dienstag hielten wir an der Straße an einer Ansammlung historischer Häuser, die aus der Umgebung demontiert und dort mit musealem Charakter wieder errichtet wurden. Wir übernachteten an einem See, an dem man mitunter auch Rentiere beobachten kann. Wir hatten jedoch kein Glück, obwohl wir bei starkem und kaltem Wind mit dem Fernglas regelmäßig die Berge um uns absuchten.

Am nächsten Tag ging es noch weiter in den Norden und die Umgebung wurde rauer und baumärmer. Das Wetter war auch wechselhaft, was aber ebenfalls zur schroffen Umgebung passte. Wir machten eine Rast am Hotel Bygdin im Jotunheimen-Gebirge, um typisch norwegische Speisen zu probieren: Rømmegrøt und Waffeln mit Braunkäse. Rømmegrøt ist ein traditionsreicher Brei aus Sauerrahm, Milch, Mehl und einer Prise Salz, der langsam gekocht wird, bis er eine samtige, cremige Konsistenz bekommt. Oft wird Rømmegrøt noch warm mit einer dicken Schicht geschmolzener Butter, Zucker und Zimt serviert – entsprechend stark sättigte es. Die Waffeln sind unseren sehr ähnlich, nur auch mit Kardamom, wie die meisten Gebäcke in Norwegen. Der Braunkäse besteht aus Kuh- und / oder Ziegenkäse, wobei die Molke karamellisiert wird. Der Käse ist damit deutlich süßer als normaler Käse, aber auch superlecker. (In Dresden gibt es den Gudbrandsdalen (eine Braunkäsesorte aus dem Tal, dal, welches die Heimat des Braunkäses ist) als Stück oder schon als kleine Röllchen bei Konsum.) Das Hotel selbst versprühte von uns als authentisch empfundenen Charme der 1910er-Jahre, als der Tourismus in der Region begann.

Unweit des Hotels übernachteten wir unterhalb des Bitihorns, welches wir an dem Abend nicht mehr sehen konnten, weil es in tiefhängenden Wolken verschwand. Am nächsten Morgen war es jedoch wieder sichtbar und wir fuhren die Straße bei bestem Wetter und toller Aussicht weiter. Die Straße führte über ein Plateau, welches wir in dieser Form aus gebirgigen Regionen kennen, für die man viele hundert Höhenmeter zu Fuß aufsteigen muss. Das ist gerade für unsere Art zu Reisen wunderbar, da die langen Wanderungen, die wir sonst unternehmen – und auch hier sicherlich sonst unternommen hätten – mit Aurelia noch nicht möglich sind. So können wir aber die Eindrücke mitnehmen. Auf der Straße begegneten uns auch ein paar Kühe, bisher waren es immer Schafe. Da wir für unsere Verhältnisse zeitig losgefahren sind, konnten wir die Gegend in Ruhe genießen und waren trotzdem am Nachmittag in Lillehammer. Für unsere Verhältnisse war das eine sehr lange und auch weite Fahrt. Einerseits waren wir in den letzten Wochen in Norwegen immer auf kleinen Straßen unterwegs, die sich durch Gebirge schlängen – mit vielen An- und Abstiegen, Serpentinen und allgemein einer geringen Breite, wodurch wir bei einer Stunde Fahrt selten mehr als 40 bis 50 km zurücklegten. Andererseits war der Weg nach Lillehammer nach dem „Abstieg“ aus dem Gebirge jedoch deutlich besser ausgebaut und so kamen wir durch das oben erwähnte Gudbrandstal recht schnell vorwärts.

An diesem Tag bestätigte sich leider auch, dass Aurelia sehr wahrscheinlich eine Milchallergie hat. Für Julia bedeutet dies, die nächsten Monate keine Milchprodukte mehr. Dies fällt schwer - vor allem in Bezug auf Käse und das regionale Gebäck (hier denken wir auch schon an Frankreich und insbesondere an Croissants). Milch- und Joghurtersatzprodukte gibt es glücklicherweise immer und diese sind auch schmackhaft. Das Gesuche und Geprüfe im Supermarkt wird dadurch verstärkt. Diese Erkenntnis war auch ein Teil des Grundes, dass wir das Gudbrandstal nur durchfuhren und dort keine Almen und Käsereien besuchten.

Am Donnerstag besichtigten wir nach der Fahrt noch die Innenstadt Lillehammers, welche aus süßen bunten Holzhäusern besteht.

Am nächsten Tag besuchten wir das Freilichtmuseum Maihaugen in Lillehammer, worauf sich vor allem Julia sehr gefreut hat. In Skandinavien gibt es immer wieder Freilichtmuseen, für die alte Häuser aus allen Jahrhunderten und Orten zusammengetragen und wieder lebendig werden. Bereits vor einigen Jahren hatten wir ein solches Museum im dänischen Aarhus besucht und wollten dies jetzt wiederholen. Der Preis von 22 Euro pro Person war nicht günstig, aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt. Wir verbrachten sechs Stunden auf dem großen Gelände und besichtigen Häuser, Farmen und Hütten aus verschiedenen Epochen vom 14. bis 20. Jahrhundert. Es war alles ausführlich erklärt und passend gekleidetes Personal standen für Fragen zur Verfügung. An diesem Tag erhielten wir viele Antworten auf Fragen, die wir im Laufe unseres Norwegenaufenthalts hatten, wie zum Beispiel, warum die Dächer alter oder traditionell ausgerichteter Häuser häufig bewachsen sind. Dies war damit ein toller Abschluss unserer Norwegentage, denn bald waren wir wieder in Schweden.

Abends standen wir wieder auf einem Wanderparkplatz zwischen Wald und Straße, an dem wir bereits die Nacht zuvor waren. Diesen Abend regnete es jedoch nicht und die freilaufenden Schafe hatten entgegen der letzten Nacht Lust, sich unseren Camper anzusehen. Zwei fanden unser Mobil auch praktisch als Kratzbaum, was den Camper zum Wackeln brachte. Als sie mit den Hörnern mit einem scheppernden „Klong“ dagegen stießen und wir ein bisschen Sorge um den Lack bekamen, haben wir sie dann doch möglichst freundlich verscheucht.

Am Samstag ging es mit einer unerfreulichen Überraschung in Richtung eines Campingplatzes für das Wochenende. Als wir unweit des Platzes von der Autobahn abfuhren, ruckelte unser Fahrzeug im Kreisverkehr beim Runterschalten und zeigte daraufhin den Fehler an, dass wir unser Automatikgetriebe überprüfen lassen sollten. Da wir uns natürlich unsicher waren, ob wir noch weiterfahren konnten, stoppen wir sofort auf einem Parkplatz. Die Telefonate mit den offiziellen Fiat Telefonnummern halfen leider überhaupt nicht weiter (da hatte Julia bei VW bereits bessere Erfahrungen gemacht). Unser Dresdner Autohaus konnte uns so weit beruhigen, dass wir noch auf den Campingplatz fahren und am Montag dann eine Werkstatt aufsuchen sollten. Dies taten wir dann auch, jedoch mit einer gewissen Anspannung.